Der Artilleriebeobachter oder Forward Observer hat die Aufgabe in Rücksprache mit den kommandierenden Offizieren vor Ort die Lage auf dem Schlachtfeld zu beobachten, eigenständig oder nach Auftrag Möglichkeiten zur Unterstützung mit Artillerie zu ermitteln und diese in Feueraufträge umzusetzen.
Einen guten FO kennzeichnen:
- hervorragendes Situationsbewusstsein,
- gute Orientierungsfähigkeit,
- geübt im Umgang mit den technischen Hilfsmitteln (Kompass, Karte, Kartenwerkzeug, ggf. MicroDAGR, Vector21 o.Ä.),
- taktisches Verständnis,
- tadelloses Funkverhalten,
- Eigeninitiative.
Im Einsatz wird der FO:
- sein eigenes Überleben sicherstellen, um den Kontakt zwischen Kampftruppen und Feuerunterstützung aufrechtzuerhalten,
- sich ständig über eigene und feindliche Truppenbewegungen und Vorhaben informieren,
- eigene Truppen über Feueraufträge informieren,
- Feueraufträge mit den Vorhaben der eigenen Truppen abstimmen und jene mit diesen optimal unterstützen,
- vorausschauend denken und handeln,
- seinem militärischen Führer selbstständig beratend zur Seite stehen.
Im Folgenden wird erläutert, wie ein Feuerauftrag erstellt wird, indem wir den einzelnen Punkten des Five-Liners folgen.
Angriffstyp festlegen
Der Angriffstyp wird durch die geografische Lage des feindlichen Ziels bestimmt - und dadurch, wie Präzise der Schlag sein soll.
Ein Punktangriff eignet sich dann, wenn das Ziel relativ klein ist (z.B. einzelne Sandsackstellungen, ein einzeln stehendes Fahrzeug, etc.) oder eine präzisionsgelenkte Munition (lasergelenkt) zum Einsatz kommen soll. Zu beachten ist, dass aufgrund des Streuradius das Geschoss niemals ganz genau einen Punkt treffen wird. Ist der Streuradius aufgrund einer großen Schussdistanz sehr hoch, werden mehrere Geschosse benötigt, um die Trefferwahrscheinlichkeit zu erhöhen.
Ein Linienangriff bietet sich an, wenn die feindliche Position ungefähr eine Linie abbildet, beispielsweise eine Reihe von Befestigungen und Schützengräben oder ein zum Stehen gekommener Fahrzeugkonvoi.
Ein Flächenangriff kommt zum Einsatz, wenn sich das Ziel über eine größere Fläche erstreckt, als durch Streuung und Splitterradius allein abgedeckt werden können. Das ist zum Beispiel bei Ortschaften, Basen etc. der Fall. Um einen Flächenangriff sinnvoll umzusetzen muss eine entsprechend hohe Anzahl an Geschützen zur Verfügung stehen. Mit zwei Geschützen auf eine Fläche von z.B. 100x100m zu wirken, wird sehr wahrscheinlich keinen nennenswerten Effekt haben.
Koordinaten bestimmen
Die Zielkoordinaten werden entweder über die Karte oder mit einem Entfernungsmesser (am einfachsten Vector 21 und MicroDAGR) bestimmt. Mehr dazu im Artikel Orientierung im Gelände.
Wichtig zu beachten ist, dass der Angriffstyp die Art der Koordinaten vorgibt: Ein Punktangriff fordert nur einen Koordinatenpunkt, ein Linienangriff aber Start- und Zielkoordinate, ein Flächenangriff einen Punkt und einen Radius für eine Kreisförmige Fläche oder mindestens drei Eckpunkte.
Koordinaten sollten möglichst immer fünfstellig (xxxxx-yyyyy) oder wenigstens vierstellig (xxxx-yyyy) übermittelt werden. Gerade auf kürzere Distanz sind sonst zu große Abweichungen vorprogrammiert. Zur Berechnung der Schusslösung sind ohnehin fünfstellige Koordinaten vonnöten, weshalb du somit den Schützen die Arbeit sehr vereinfachen kannst, wenn du stets fünfstellige Koordinaten benutzt.
Höhe bestimmen
Die Höhe ist für die Schützen wichtig, da sie die benötigte Schusskurve beeinflusst. Sie kann ebenfalls auf der Karte abgelesen werden (anhand der Höhenlinien oder, wenn ein GPS-Gerät vorhanden ist, mithilfe des Cursors) oder mit Vector 21 und MicroDAGR bestimmt werden.
Munition
Die Art der Munition richtet sich nach dem verfolgten Zweck. Es ist wichtig, diese unmissverständlich zu kommunizieren! Es wäre tragisch, wenn die eigene Infanterie Gefechtsfeldbeleuchtung erwartet, stattdessen aber Splittergeschosse auf ihre Position geschossen werden.
Außerdem muss die Anzahl der zu verschießenden Granaten angegeben werden, entweder Absolut („7“) oder als Gruppen (X Gruppen: meint alle Haubitzen/Mörser einer Einheit feuern je X mal). Generell gilt: Je mehr Geschosse, desto stärker der Effekt (mehr Rauch, mehr Licht, mehr Zerstörung). Gleichzeitig sollte man nicht zu verschwenderisch mit der Munition umgehen – sie ist in der Regel nicht unbegrenzt verfügbar.
Ist die Distanz sehr hoch, kann eine größere Zahl von Geschossen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, das Ziel wirksam zu treffen.
Typische Ziele und Methode der Bekämpfung
Ziel | Projektil | Zünder | Bemerkung |
---|---|---|---|
Fahrzeuge | HE | Aufschlag | ggf. in Kombination mit WP |
Schwere Waffen, in Stellung | HE, LG | Aufschlag | sofern vorhanden mit Verzögerungszünder |
Schwere Waffen, freistehend | HE, WP | Annäherung | |
Schützen, in Stellung | HE, WP | Annäherung | WP treibt ggf. Personen aus ihrer Stellung ins offene Gelände |
Schützen, freistehend | HE | Annäherung |
Auslöser
Der Auslöser wird anhand der taktischen Lage festgelegt:
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ASAP (as soon as possible, sobald möglich) bedeutet, dass die Schützen schießen, sobald die Schusslösung berechnet wurde. Dies ist dann sinnvoll, wenn eigene Truppen in Bedrängnis geraten sind und schnellst mögliche Entlastung benötigen.
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ToT (time over target, Zeitpunkt) wird gewählt, wenn die Aktionen mehrerer Einheiten miteinander abgestimmt werden müssen. Es wird eine feste Uhrzeit angegeben. Dies eignet sich beispielsweise zur Durchführung von Angriffen auf vorher bekannte Ziele: Die Artilleristen beschießen ein Ziel so, dass die Einschläge pünktlich mit dem Beginn des Sturms der Infanterie zusammen treffen.
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Auf Kommando (on command) sollte dann geschossen werden, wenn zwar die Koordination mit anderen Elementen wichtig ist, ein genauer Zeitpunkt aber nicht festgemacht werden kann. Dann erfolgt der erste Schuss erst, wenn dieser vom FO angefordert wird.
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Andere Bedingungen können ebenfalls ausgemacht werden, beispielsweise Leuchtsignale o.Ä..
Nächste Verbündete
Dieser Punkt ist äußerst wichtig, da dies die Fehlertoleranz einschränkt. Je näher eigene Einheiten zum Ziel sind, desto wichtiger ist es, dass das Ziel genau getroffen wird. Bestimme anhand der Karte die Distanz zwischen dem Ziel und der nächsten freundlichen Einheit. Liegt die Distanz unterhalb der Streu- und Splitterradius des Geschosses, muss diese Einheit sich erst zurück ziehen oder harte Deckung suchen – oder du kannst den Auftrag so nicht durchführen lassen!
Kommuniziere bei kurzen Entfernungen unbedingt mit den beteiligten Kräften! Diese dürfen auf keinen Fall näher ans Ziel heran rücken!
Für Freundbeschuss durch Artillerie ist immer der Forward Observer verantwortlich!
Anmerkungen
Je nach Situation können weitere Anmerkungen zu einem Feuerauftrag gemacht werden. Beispielsweise kann die Feuerrate festgelegt werden. Dies ist bspw. bei Gefechtsfeldbeleuchtung sinnvoll, da eine neue Leuchtfackel erst benötigt wird, wenn die vorige nicht mehr ausreichend Licht liefert.